Rahmenbedingungen und soziale Organisation

Um diskriminierungssensible und diversitätsbewusste Lehr- und Lernräume zu schaffen, ist es hilfreich, durch feste Rahmenbedingungen des Seminars eine transparente Grundlage zu schaffen.

So kann der Reproduktion von Chancenungleichheit und struktureller Benachteiligung sowie potenziellen Diskriminierungssituationen im Seminarkontext präventiv entgegengewirkt werden. 

Hier finden Sie Empfehlungen zur Schaffung von hilfreichen Grundlagen und Rahmenbedingungen für Ihre Lehrplanung.

In Bezug auf die Lehrinhalte ist es von Vorteil, den Studierenden Hintergrundinformationen zu den Seminarinhalten zur Verfügung zu stellen. Dies kann beispielsweise Einführungsliteratur oder weiterführende Literatur sein, um den Seminarteilnehmenden die Möglichkeit zu geben sich ausreichend vorzubereiten und Unsicherheiten abzubauen.

Ebenso kann es hilfreich sein, in der ersten Sitzung gemeinsam mit den Studierenden den Zeitplan und die Leistungsnachweise durchzugehen sowie auf die Möglichkeit des Nachteilsausgleichs hinzuweisen und hier ein offenes Ohr für mögliche Bedarfe (Barrierefreiheit, Sprache, Zeitmanagement und Leistungsnachweise) zu haben. Feedbackstrukturen und die Möglichkeit zum bilateralen Austausch sind ein wichtiges Instrument für einen erfolgreichen Seminarverlauf.

Je nach Seminarthema lassen sich Diversity und Gleichstellung auch inhaltlich einbinden. Vorschläge zur Integration von Lehrinhalten der Genderforschung in die Curricula von Studienfächern finden Sie zum Beispiel hier: https://www.gender-curricula.com/gender-curricula-startseite/

Ein Hinweis auf die vorhandenen Beratungsstrukturen der Goethe-Universität kann die Autonomie der Studierenden fördern, sich selbst Hilfe zu holen. Insbesondere der Semesterstart ist eine Chance, um mit (neuen) Studierenden den gewünschten Umgang miteinander zu thematisieren sowie über Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren.

Das Büro für Chancengerechtigkeit erstellt dafür jedes Semester einen aktualisierten Foliensatz auf Deutsch und Englisch für die Orientierungs- und Begrüßungsveranstaltungen, die Sie über die Hessenbox abrufen können. 

Die Folien stellen kurz und übersichtlich Informationen zum Thema Chancengerechtigkeit und Unterstützungsangebote für Studierende vor. Zur Information von Studierenden höherer Semester empfehlen wir die Integration der Foliensätze in die Lehrveranstaltungen am Anfang jeden Semesters. 

Der Foliensatz wurde in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsbereich Inklusion in eine überwiegend barrierefreie Form gebracht, damit sie auch bei ungünstigen Lesebedingungen und z.B. für sehbehinderte Menschen gut zu lesen sind.

Die Verantwortung für ein faires Miteinander sollte von allen Seminarteilnehmenden gleichermaßen getragen werden. Ein partizipativer Gestaltungsprozess und Absprachen für das Seminargeschehen können dabei von Vorteil sein.

Hier wird den Studierenden die Möglichkeit gegeben, Bedürfnisse zu äußern, Literaturempfehlungen mit Blick auf Perspektivenvielfalt und aktuelle Diskurse einzubringen. Ebenso ist es von Vorteil zu Beginn auf die Antidiskriminierungsrichtlinie aufmerksam zu machen und diese mit Blick auf Kommunikationsstrukturen und Formen des Miteinanders für das Seminargeschehen zu vereinbaren. Dazu gehören auch Interventionsformen bei diskriminierendem Verhalten. Diese können durch solche Vereinbarungen immer wieder legitimiert werden. Auch die Kommunikation darüber, dass selbst gewählte Vornamen und Pronomen verwendet, berücksichtigt werden, kann für die Studierenden von großem Wert sein.

Wie können Sie als Lehrende agieren, reagieren und intervenieren, um Personen zu unterstützen, die im Kontext der Universität Diskriminierung erfahren?

1. Prävention
  • Diversitykompetenzen entwickeln & eigene Rolle/ Vorurteile kennen
  • gemeinsam Regeln des Miteinanders im Lehrkontext festlegen
  • sich für potentielle Unterstützungsbedarfe, Hinweise und Probleme der Studierenden ansprechbar zeigen
  • zielgruppenbezogene Beratungsstellen und Unterstützungsangebote der Universität kennen
2. Intervention
  • Entscheidend ist das Ergebnis oder die Wirkung, nicht das zugrundeliegende Motiv > unabsichtliche Diskriminierung
  • Betroffenenperspektive im Fokus: Ist das überhaupt diskriminierend? Das entscheidet die betroffene Person
  • Immer eingreifen! – auch dann, wenn (scheinbar) keine betroffene Person anwesend ist
  • Begründen der Intervention
  • Trennen von diskriminierenden Aussagen oder Handlungen von der handelnden Person (z.B. „Diese Aussage ist sexistisch“ statt „Sie sind sexistisch“)
  • Situation herstellen, die eine Lern- und Reflexionsmöglichkeit erlaubt, statt zu verurteilen

Wenn sich die Diskriminierung direkt auf eine anwesende Person bezieht:

  • Schutz der betroffenen Person, aber nicht für sie sprechen
  • Verantwortung in der Situation übernehmen + betroffene Person aus dem Fokus rücken
  • diskriminierendes Verhalten nicht zur Diskussion stellen
  • bei akuter Gefahr Sicherheitspersonal/ Polizei einschalten (Vorsicht: nicht immer ist das die beste Option für die Betroffenen!)
3. Nachsorge
  • Unterstützung der betroffenen Person (nach ihren Wünschen)
  • auf Beratungs- und Unterstützungsangebote verweisen oder den Kontakt herstellen
  • Diskreter Umgang mit personenbezogenen Informationen
  • ggf. Gespräch mit der diskriminierenden Person suchen
  • Selbstfürsorge
Weiterführende Informationen

Handlungsempfehlung: Umgang mit Diskriminierung in der Lehre

hrsg. vom Büro für Chancengerechtigkeit der Goethe-Universität, 2023



Good practice
Die AG Community Guidelines des Instituts für Humanwissenschaften am Fachbereich 11 hat außerdem konkrete Beispiele und Möglichkeiten für einen verantwortungsvollen Umgang mit spezifischen Situation in der Lehre gesammelt.
Abschließend sei betont, dass es in all diesen Prozessen wichtig ist, sich selbst im Blick zu behalten. Eigene (emotionale) Betroffenheit und Überforderung, Druck und Erwartungen an sich selbst sind Aspekte, die hier immer eine Rolle spielen. Diskriminierungskritik und Diversitätskompetenz sind mit ständigen und kontinuierlichen Reflexionsprozessen verbunden. Lassen Sie sich beraten! Tauschen Sie sich mit Kolleg*innen aus, nehmen Sie an Workshops teil oder suchen Sie den Kontakt zu Ansprechpersonen im Gleichstellungsbüro. Achten Sie immer darauf, dass Sie über ausreichende Ressourcen verfügen, um weiterhin die Verantwortung für eine gute, diskriminierungskritische und diversitätsbewusste Lehre übernehmen zu können.